Ein Du in der schriftlichen Kommunikation soll nahbar und vertraut wirken und Distanzen überwinden. Doch eine E-Mail oder eine Stellenanzeige einfach ins Du zu “übersetzen”, ist keine Lösung. Vielmehr werden durch solche Entscheidungen neue Probleme geschaffen.
Beim Scrollen durch die sozialen Medien fallen immer mehr Unternehmen auf, die in ihren Social-Media-Kanälen die User mit dem persönlichen Du ansprechen. Ist das ein Hinweis darauf, dass das förmliche Sie in Zukunft immer mehr ausstirbt? Wohl kaum, denn auf den zweiten Blick stellt man leider zu häufig fest, dass hinter der Du-oder-Sie-Entscheidung keine echte Unternehmensphilosophie steckt. Unternehmen sind also schlecht darin beraten, einfach im Du zu schreiben, “weil es die anderen ja auch machen”.
Unternehmensphilosophie ist entscheidend
Nichts wäre in der Kundenansprache ein größerer Fehler, als wenn die User beim ersten Kontakt über die sozialen Medien freundlich per Du angesprochen werden und auf eine Homepage gelangen, bei der der gesamte weitere Kaufprozess in einem förmlichen und distanzierten Sie abläuft. Das ist ein Paradebeispiel für einen Markenbruch.
Junge Leute fallen nicht auf das Du rein
Genauso ist es ein Trugschluss, dass man dem Fachkräftemangel in der Mitarbeitergewinnung gut begegnen kann, indem man junge Menschen für ein Studium, eine Ausbildung oder für Aushilfejobs mit einem legeren Du anspricht. Der erste Blick auf die Unternehmenshomepage offenbart den wahren Umgangston im Unternehmen. Gibt es wirklich die versprochenen flachen Hierarchien, offenen Türen beim Chef und netten Vergünstigen oder ist das nur für die Stellenanzeige relevant? Als Marketingagentur geben wir unseren Partnern den Hinweis, in der Personalgewinnung ehrlich zu sein. Je authentischer eine Stellenanzeige oder eine Anzeige in den sozialen Medien gestaltet ist, desto eher werden genau die richtigen Menschen davon angesprochen.
Das Du im B2B-Umfeld
Viele unserer Partner sind erfolgreiche Klein- und Mittelständische Unternehmen mit einer gestandenen Unternehmenssprache oder auch junge Unternehmen, die gerade erst ihre Marke aufbauen.
Wir haben den Grundsatz, dass wir unsere Kunden duzen. Dies ist aus unserem Verständnis der Zusammenarbeit gewachsen. In Marketingprojekten arbeitet man sehr eng und fast täglich mit seinen Kunden zusammen, oftmals arbeiten wir tief in der DNA eines Unternehmens und erleben alle möglichen Phasen des unternehmerischen Erfolgs. Weil wir mit unseren Kunden partnerschaftlich auf Augenhöhe sind, erleben wir ein großes Vertrauen in unsere Arbeit und erhalten Offenheit und Ehrlichkeit zurück. Das Du ist in dieser Beziehung also nur ein Ausdruck unseres unternehmerischen Verständnisses. Das muss aber auch je nach Business-Case passen und gewollt sein. Nicht jeder möchte das Du, dann bleiben auch wir natürlich beim Sie.
– Benedikt Wolter, Geschäftsführer Marketing Mittelrhein
Die Folgen des Duzens
Einfach nur vom Sie auf das Du umzustellen, ist kein Ausdruck eines durchdachten Prozesses. Eine fertige E-Mail einfach in das Du umzuschreiben wird auch nicht funktionieren. Denn hinter dem Du stecken viele weitere Dimensionen. Der Schreibstil, der auf einem förmlichen Sie beruht, setzt auf ausführliche Erklärungen, längere Haupt- und Nebensätze und längere Inhalte. Du-Texte sind kürzer, bringen das Wichtige knapp auf den Punkt und sparen mit weiteren Ausschweifungen. Aber ein Du-Text kann auch unerwünschte Zeichen senden. Ist ein Text zu knapp formuliert, kann beim Gegenüber das Gefühl der geringen Wertschätzung entstehen. Nimmt man sich nicht ein paar Minuten mehr Zeit, um ein neues Produkt im Details zu erklären oder hat das Unternehmen keine guten Argumente und bleibt deswegen so oberflächlich? Die Entscheidung für das Du muss Ausdruck einer Unternehmensphilosophie sein und einheitlich in allen Veröffentlichungen sichtbar sein.
Manchmal ist das Sie besser
Nicht zu jedem Produkt und zu jeder Branche passt das legere Du. Zum Beispiel im Gesundheitswesen wäre jeder Patient irritiert, wenn der Arzt seine Patienten plötzlich duzen würde. Denn hier schafft das Sie Vertrauen durch eine Wertschätzung des Patienten und vermittelt, dass man mit seinen Sorgen und Problemen ernst genommen wird. Man kann also festhalten, dass das Sie bei bestimmten Themen immer noch besser passt, als das lockere Du. Auch mit Blick auf die Zielgruppe kann man aktuell eine Tendenz zum Du erkennen.
Unterm Strich gibt es ein kein richtig oder falsch bei der Frage nach Du oder Sie. Nur eines sollte dabei bedacht werden: Die Entscheidung der Kundenansprache hat mehr Konsequenzen und sollte in jedem Fall einheitlich in der Unternehmenssprache verwendet werden. Die Frage nach dem Du oder Sie ist also vielmehr eine Frage nach dem eigenen Umgang mit Kunden, Partnern und Lieferanten.